In unseren bewegten Zeiten müssen auch die Organisationen und ihre Menschen immer stärker in Bewegung sein. Damit werden vertraute Routinen und Komfortzonen bedrängt und bedroht, es entstehen aber auch neue Handlungs- und Gestaltungsspielräume.
Organisationen sind immer in Bewegung – es gibt keine wirklich starren Strukturen. Das Zauberwort ist Agilität, der angenommene Spin ist ein zunehmender Handlungs- und Entscheidungsspielraum am Point of Operation. Das Paradigma dazu ist „New Work“. Es beschreibt allerdings lediglich eine radikalere Flexibilität als vielen bisher vertraut war. Damit kommen stabilisierende hierarchische Modelle mit ihren Top-Down-Kontrollsystemen ins Wanken. Viel zu langsam, viel zu einschränkend, viel zu behäbig.
Damit einher geht aber auch die Chance, dass die Menschen in derart bewegten Organisationen in ihrer Selbstwirksamkeit gefordert sind und diese – wenn Führung und Rahmen stimmig sind – weiterentwickeln und stärken. Diese neue Welt des Arbeitens und Zusammenwirkens in ihren Chancen und Potenzialen gilt es zu sehen. In der Schockstarre zu verharren, ist wohl der schlechteste Ratgeber. Menschen müssen selbst in Bewegung kommen, vertrautes Land verlassen und sich auf neue Gebiete begeben. Das benötigt Bewegtheit: sich mit den eigenen Emotionen auseinandersetzen und das Neue verstehen wollen.
Begeisterung, die bewegt
Nun ist es so: Mit dem Rücken zur Wand ist es deutlich einfacher, sich auf notwendige Veränderungen einzulassen. Wer nicht mehr viel zu verlieren hat, tut sich leichter, sicherheitsgebende Routinen zu verlassen. Doch wer vorausschauend denkt und handelt, setzt die Hebel für Veränderungen lange vorher. Natürlich könnte man auch hier dunkle Zukunftsszenarien heraufbeschwören und dem Leidensdruck ein wenig Nachschub verleihen. Doch es gibt einen weiteren Treiber für die Bereitschaft, sich auf Veränderungen einzulassen: Leidenschaft. Sie lässt uns Herausforderungen annehmen und Risiken eingehen, die wir ansonsten eher zu vermeiden versuchen.
Doch wie kann es gelingen, die Leidenschaft der Kolleg*innen zu wecken? Einer der in Theorie und Praxis aktuell fokussierten Motivatoren dafür ist der Purpose der Organisation. Wird er glaubwürdig gelebt, leistet er zweifelsohne einen wichtigen Beitrag dazu, dass Menschen ihre Sicherheitszone verlassen. Damit ist es aber noch nicht getan. Auch das Miteinander, die Gemeinschaft, spielt eine wesentliche Rolle. Sich gut aufgehoben und zugehörig fühlen, Resonanz im Tun erleben und auf gegenseitige Unterstützung vertrauen können – das alles ist wesentlich für ein mutiges „Wir“.
Letztendlich geht es aber auch darum, dass sich Menschen in ihrem Tun selbstwirksam erleben. Dass sie Handlungsspielräume haben, in denen sie ihre Stärken und Neigungen einbringen können. Und darin im Rahmen ihrer jeweiligen Voraussetzungen und Möglichkeiten gefordert und gefördert werden. Durch erweiterte Handlungsoptionen, Entscheidungsfreiräume und Autonomie in der Durchführung. Das wirkt stärkend: Wer über Erfahrungen der Selbstwirksamkeit verfügt, kann sich leichter auf herausfordernde, unsichere Situationen einlassen.
So also werden bewegte Organisationen, die ihren Fokus auf die Steigerung der Selbstwirksamkeit der in ihnen tätigen Menschen legen, in ihrer Beweglichkeit gestärkt. Und sind so zudem für jene attraktiv, die ihre hohe Qualifikation und Leistungsbereitschaft vor allem dann einbringen, wenn sie damit ihre Neigungen und Fähigkeiten ausleben und weiterentwickeln können. Für einen gemeinsam getragenen Purpose und eine ansprechende Zukunftsperspektive – ganz im Sinne des IkigaiAnsatzes. Dieses auf einer japanischen Philosophie beruhende Konzept unterstützt Menschen auf ihrem Weg zu einem erfüllten Berufsleben. Um jene Tätigkeiten zu finden, die man gerne und gut macht, die die Welt braucht und mit denen man Geld verdienen kann.
Fragen auf dem Weg zur bewegten Organisation
Wie sieht eine bewegte Organisation aus, die unserem anspruchsvollen Zukunftsbild und der Besonderheit unserer Kultur entspricht?
Welcher Agilisierungsgrad und welche Struktur passen zu unserem Unternehmen, unserem Bereich?
Welcher Grad an Selbstverantwortung und -steuerung ist unseren Mitarbeiter*innen und Führungskräften zuzutrauen?
Welche Führungs- und Zusammenarbeits- formen wird diese Organisation benötigen?
Wie kann die Selbstwirksamkeitserwartung und -kompetenz unserer Mitarbeiter*innen und Führungskräfte auch in dieser Veränderungsdynamik und den damit verbundenen Verunsicherungen gestärkt und entwickelt werden?
Selbstwirksamkeit unterstützen
Selbst-Beitrag
- Bleiben Sie in Bewegung – körperlich und geistig – und trauen Sie sich aus Ihrer Komfort-Zone heraus.
- Orientieren Sie sich an Zielen; bleiben Sie offen für die Wege dorthin.
- Denken und handeln Sie „out of the box“.
- Reflektieren Sie kompromisslos Ihr Wahrnehmen, Denken und Handeln ; stärken Sie Ihre Stärken.
- Nutzen Sie Feedback als Chance der Horizonterweiterung.
Führungskräfte-Beitrag
- Sorgen Sie für Vielfalt im Team.
- Erweitern Sie Handlungsspielräume; stärken Sie Eigenverantwortung glaubhaft und nachhaltig.
- Fordern und fördern Sie ermöglichend, würdevoll und dienend.
- Leben Sie Leadership – inspirierend, stimulierend, initiierend, beteiligend, Perspektiven-erweiternd.
HR-Beitrag
- Matchen Sie Neigungen und Kompetenzen mit Aufgabenstellungen und Anforderungen (Cultural-Fit vor Competence-Fit).
- Erweitern Sie Horizonte, unterstützen Sie Perspektivwechsel, agieren Sie lateral und transformational.
- Stärken Sie Stärken.
- Initiieren und begleiten Sie würdevolle HR-Prozesse und Schritte.
Executive-Beitrag
- Ermöglichen, formen und fordern Sie eine Kultur und Struktur der Selbstwirksamkeitserfahrungen – besonders in schwierigen Situationen.
- Seien Sie Hüter*in einer offenen und wertschätzenden Unternehmenskultur.
- Seien Sie an- und begreifbar, gestalten und nutzen Sie den reflexiven Raum; fordern Sie den konstruktiv kritischen, schrägen Geist.