Kompetenzen, an denen kein Weg vorbeiführen wird
Wenn wir über notwendige Qualifikationen von Führungskräften in der Zukunft sprechen, dann sprechen wir auch über Kompetenzen, mit dynamischen Entwicklungen und laufend neuen Herausforderungen besonnen umgehen zu können. Was heute gilt, gilt morgen nicht mehr, es sind ständig neue Ideen und Lösungen gefragt.
Entscheidungen müssen rascher und unbürokratischer getroffen werden, und die Digitalisierung löst zwar Probleme, schafft aber auch neue. Führungskräfte werden zu Jongleuren mit vielen Bällen gleichzeitig in der Luft. Die Entwicklungsdynamik in organisationalen Kontexten wird voraussichtlich noch weiter zulegen. Die Führungskräfte werden also selbst gefordert sein, eigenverantwortlich für jene wichtigen „Auszeiten“ zu sorgen, die sie benötigen, um auch in dynamischen Zeiten Orientierungsklarheit und Entscheidungsstärke bieten und gute fachliche und personelle Führungs- und Entwicklungsarbeit leisten zu können. Dazu werden neben vielen gängigen Anforderungen einige zusätzliche Kompetenzen essenziell sein.
Folgende gängige Führungskompetenzen werden weiterhin gefragt sein: Moderator und Koordinator sein und situativ führen, Förderer und Entwickler von Mitarbeiter/innen sein, Kommunikator sein – differenziertes Feedback geben, den Mitarbeiter/innen Orientierung und Sicherheit (Rückhalt, Klarheit) bieten, die wichtigen Dinge priorisieren und sich aufs Wesentliche konzentrieren, auch fachliche „Herzensthemen“ loslassen und delegieren sowie unternehmerisch denken und das Wohl der ganzen Organisation im Auge behalten.
Folgende Kompetenzen werden essenziell sein
Reflexionskompetenzen und selbstkritisches Denkvermögen
Erst eine ausgeprägte Reflexionskompetenz ermöglicht eine laufende kritische Standortbestimmung und die mitunter nötige Neudefinition der eigenen Standpunkte. Der Weg dorthin ist ein intensiver Auseinandersetzungsprozess mit den Merkmalen der eigenen Persönlichkeit. Wird dieser persönliche Klärungsprozess vermieden, besteht die Gefahr, dass die Führungskraft zum Spielball ihrer eigenen Emotionen und Grundüberzeugungen wird. Die Person wird dann tendenziell eher spontan situations- und kontextabhängig reagieren, und nicht selbstreflektiert und bewusst handeln oder sich positionieren. Personen mit hoher Reflexionskompetenz und einem selbstkritischen Denkvermögen sind eher gewillt und in der Lage, laufend dazuzulernen. Sie können die Perspektive situationsabhängig wechseln und ihre „innere Position“ neu definieren. Da es sich hier um bewusste Erkenntnisprozesse handelt, sind sie auch fähig, ihre Neupositionierung ihren Mitarbeiter/innen nachvollziehbar zu kommunizieren.
Positionierungsklarheit und innere Stabilität
Führungskräfte müssen wissen, wo sie selbst stehen: Was ist mir wichtig? Was ist mir nicht wichtig? Worauf will ich besonders achten? Wie will ich meine Führungsrolle einnehmen? Wie will ich wahrgenommen werden? Usw. Dazu braucht es die bereits oben erwähnten Reflexionsprozesse über persönliche Grundhaltungen, Befindlichkeiten und Neigungen.
Erst daraus lassen sich klare persönliche Standpunkte und Positionen erschließen, die dem eigenen Stil zu führen entsprechen und so mit Überzeugung authentisch vertreten werden können. Eine solche innere Klarheit sorgt nicht nur für mehr Selbstsicherheit im Auftreten, sondern schärft auch das Profil als Führungskraft. Ist der Führungskraft ihre eigene Positionierung in der jeweiligen Situation bewusst, wird sie sehr deutlich jene Eckpunkte gegenüber ihren Mitarbeiter/innen, Schnittstellenpartner/innen und der eigenen Führungskraft markieren, die ihr besonders wichtig sind. Klare Positionierungen machen Führungskräfte greifbarer und erleichtern den Umgang mit ihnen, sie vermitteln außerdem Sicherheit und sorgen für mehr Stabilität und Orientierungsklarheit im Gesamtsystem.
Kommunikationskompetenz und Vertrauen
Es ist davon auszugehen, dass Entscheidungen künftig noch rascher getroffen werden müssen, was wiederum bedeutet, dass Mitarbeiter/innen komplexere Aufgabengebiete als bisher verantworten und Führungskräfte diese Aufgabengebiete delegieren können müssen. Und dazu braucht es Vertrauen, dass man sich nur über ein intensives wechselseitiges Zusammenwirken erarbeiten kann. Ein gutes Gespür für Kommunikations- und Teamprozesse wird also unumgänglich sein, will man als Führungskraft die Fähigkeiten der Mitarbeiter/innen gut kennen und die vorhandenen Potenziale im Team gezielt nutzbar machen. Ein Team mit einem wertschätzenden, offenen Teamklima, in dem auch Klartext gesprochen wird und persönliche Themen und Humor Platz haben, ermöglicht in der Regel einen offenen Umgang miteinander und schafft eine gute Basis für gegenseitiges Vertrauen. Delegieren und die Übertragung von Verantwortung bekommen etwas Selbstverständliches, ein unausgesprochenes „ich traue Dir das zu, ich schätze Dich als wertvollen Menschen“ fördert die Identifikation und Motivation der Teammitglieder und deren Bereitschaft, am gemeinsamen Erfolg engagiert mitzuwirken.
Das scheinbar Unmögliche denken können
Niemand kann die Entwicklungen der nächsten zehn Jahre wirklich voraussagen, sicher ist nur, die Herausforderungen, sich auf Veränderungen einlassen zu müssen, werden nicht kleiner. Es wird also künftig ganz besonders Schlüsselpersonen brauchen, die den Mut haben, sich auf völlig neue Situationen einzulassen, und bereit sind, ständig dazuzulernen und sich weiterzuentwickeln. Je besser Personen in der Lage sind, das heute noch scheinbar Unmögliche zu denken, umso eher werden diese Personen in der Lage sein, sich auf völlig andere Sicht- und Denkweisen oder auch konträre Standpunkte einzulassen. Gelingt das, besteht die Chance, dass Entwicklungsmöglichkeiten generiert werden, die derzeit noch außerhalb unserer Vorstellungskraft liegen. Diese Kompetenz stellt für viele erfahrungsgemäß die größte Herausforderung dar, denn sie verlangt, aus den eigenen Denkhaltungen völlig auszusteigen und sich auf Standpunkte einzulassen, die den eigenen Vorstellungen am wenigsten zugänglich sind.
Essenzielle Kompetenzen:
- Reflexionskompetenzen und selbstkritisches Denkvermögen
- Positionierungsklarheit und innere Stabilität
- Kommunikationskompetenz und Vertrauen
- Das scheinbar Unmögliche denken können