… wenn Sie nicht künftig als Führungskraft scheitern wollen!
Wissen und Erfahrungen bewusst nutzen und die persönlichen Handlungsmöglichkeiten ständig erweitern: Das ist das primäre Ziel bei der Entwicklung von Selbst-Reflexions-fähigkeit. Damit ist die Fähigkeit gemeint, sich und sein Verhalten aus der Vogelperspektive differenziert betrachten, blinde Flecken erkennen und neue Handlungsoptionen ableiten zu können.
Gerade in Führungsrollen ist Selbst-Reflexionskompetenz zu einer unverzichtbaren Basisqualifikation geworden. In einer Welt, in der aufgrund der Entwicklungsdynamik immer vielfältigere Lösungsansätze gefragt sind, wird man es sich nicht mehr leisten können, auf die Vielzahl unterschiedlicher Potenziale von Mitarbeiter*innen zu verzichten und sie ungenützt verkümmern zu lassen. Führungskräfte müssen also in der Lage sein, diese Vielfalt an Potenzialen erkennen und gezielt nutzen zu können. Das verlangt einen kritischen Umgang mit sich selbst und das Loslassen von der Idee, allmächtig und allwissend zu sein. Gefragt sind also Führungskräfte, die sich der Begrenztheit der eigenen Wahrnehmung und des eigenen Denkens bewusst sind. Sie sollten offen und dankbar für andere Betrachtungsweisen sein und über die Kompetenz verfügen, eigene Positionen laufend zu hinterfragen und sich in der kritischen Auseinandersetzung mit sich selbst und anderen permanent weiterzuentwickeln. Wollen Führungskräfte nachhaltig wirksam und erfolgreich sein, werden sie nicht darüber hinwegkommen, sich auf persönliche Entwicklungsprozesse einzulassen und ihre Selbst-Reflexionskompetenz zu stärken.
Führungskräfte mit hoher Selbst-Reflexionsfähigkeit …
… gehen bedacht und besonnen an ihre Führungsarbeit heran und können Entwicklungen gezielt und dosiert vorantreiben.
… kennen ihre Möglichkeiten und Grenzen, sind mit sich selbst „im Reinen“ und verfügen über persönliche Positionierungsqualitäten.
… haben einen guten Blick für die Vielfalt von Handlungsoptionen und können situationsbezogen die jeweils optimale Option wählen.
… sind in der Lage, sich in Kunden- und Mitarbeiteranliegen gut hineinzuversetzen, und sind bestrebt, Mitarbeiter*innen zu fördern und deren Potenziale gezielt zu nutzen.
… können ihre eigenen emotionalen Befindlichkeiten gut regulieren, gestehen sich eigene Fehler ein und lernen daraus.
… denken selbstständig, generieren laufend neue, flexible und intelligente Lösungsansätze und handeln mutig.
Warum ist Selbst-Reflexionskompetenz so wichtig?
Selbst-Reflexionskompetenz ist eng verknüpft mit Emotionssteuerung. Hauptsächlich aufgrund von biografischen Vorerfahrungen steuern emotional besetzte Bewertungsraster unsere Aufmerksamkeit und bestimmen so indirekt, welche Ausschnitte von Wirklichkeit wir auf welche Weise wahrnehmen. Dieses Phänomen kann sich manchmal begünstigend auswirken, führt allerdings oftmals auch dazu, dass unser Blick kräftig eingeengt wird und somit Möglichkeitsräume stark bis völlig ausgeblendet werden. Selbstreflexionsprozesse können zwar nicht erwirken, emotionale Impulse völlig abzustellen, allerdings können sie dazu beitragen, ein gutes Verständnis für Hintergründe, Zusammenhänge und Auslöser zu bekommen. Ein solches umfassendes Verständnis erhöht die Selbstwahrnehmungsfähigkeit und trägt dazu bei, dass ein bewusster Umgang mit emotionalen Triggerpunkten erleichtert, ein besonnener Umgang mit persönlichen Verhaltensmustern ermöglicht und die Wahrnehmung von Betrachtungs- und Handlungsmöglichkeiten wesentlich erweitert wird.
Ansätze zur Stärkung
Selbstreflexion braucht einen flexiblen Scheinwerferkegel, der das gewohnte Terrain verlässt und neue Perspektiven in den Blickpunkt rückt.
Erfolgreiche Menschen im Topmanagement, in der Politik, in der Kunst haben oft gute Begleiter*innen an ihrer Seite und das müssen nicht immer professionelle Coaches, Psycholog*innen oder Therapeut*innen sein. Es genügt bereits, wenn man sich mit einem Sparringpartner austauschen kann (Partner*in, Kolleg*in, Freund*in,…), der idealerweise einen völlig anderen Blick auf eine Situation hat als man selbst und klar sagt, was er denkt, ohne gefallen zu wollen.
In Unternehmen kann Selbst-Reflexionskompetenz mittels Gruppen- und Teambesprechungen, Feedbackgespräche, Peer- oder Intervisionsgruppen (z.B. zur Bearbeitung von Fallsituationen) intern gefördert werden. Weiters prozesshaft aufgebaute Führungskräfteentwicklungsprogramme mit durchgängiger externer Begleitung, Einzel- und Gruppencoachings, Konfliktmoderationen, Team-Reflexionstage, insbesondere nach herausfordernden Ereignissen und Krisensituationen.
Weniger bewusst sind jene Ansätze, durch die jeder für sich auch ohne fremde Hilfe seine persönliche Selbst- Reflexionskompetenz praktizieren und in seinen Alltag integrieren kann. Es geht darum, ganz bewusst gewohnte Denk- und Erfahrungsmuster zu durchkreuzen und auf diese Weise zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. Indem man Erlebtes ausspricht und niederschreibt, regelmäßig meditiert oder bewusst innehält oder mit einer bestimmten Frage Lieblingsplätze in der Natur aufsucht.
Mögliche Schritte
- Einsicht, dass die eigene Wahrheit nicht die einzig richtige ist und es Sinn machen kann, sich in persönliche kritische Reflexionsprozesse zu begeben.
- Sich in bestimmten Situationen selbst beobachten (innere Impulse, Regungen und Verhaltensreaktionen bewusst wahrnehmen) und sich der einschränkenden Wirkung der eigenen Emotionen bewusst werden.
- Mit verschiedenen Reflexionsformen experimentieren und die stimmigsten herausfinden und praktizieren.
- Den „differenzierenden Blick“ (Mehrperspektivität) im Alltag trainieren.
- Bei Rückschlägen sich nicht über sich selbst ärgern, sondern die Situation annehmen, wie sie eben ist und die Aufmerksamkeit auf das Gelungene richten.
- Einige Übungen zur Wahrnehmungssensibilisierung und Selbstreflexion in den Alltag integrieren.
- Evaluierungspunkte setzen und sich regelmäßig Zeit für persönliche Reflexionssequenzen nehmen.
Das Verlassen von Komfortzonen mag oft mühsam sein. Reflexions- und Erkenntnisprozesse mögen uns oft an unsere persönlichen Grenzen führen und schmerzhaft sein. Sich auf Dinge einzulassen, die uns völlig fremd erscheinen, mag wohl die größte Überwindung sein. Wenn wir es aber tun, stehen immer auch Erkenntnisse bereit, deren wahren Wert wir oft erst viel später erkennen können.