Wie ist das mit der vielgenannten Transformation? Was verstehen wir bei INOVATO darunter? Wie nimmt man Menschen auf die Reise mit? Ein gemeinsames Erkunden unserer Berater:innen.
BARBARA Wir bei INOVATO bezeichnen Transformation ja immer als Veränderung im Wesentlichen. Für mich heißt das: Es gibt kein Zurück zum ursprünglichen Zustand. Der ist einfach nicht mehr möglich.
MARIA Es gibt kein Zurück im Ganzen, aber in Transformationsprozessen gibt es oft kleine Schleifen, nach denen man beinahe wieder am Ausgangspunkt landet. Viele solche Schleifen können auch eine super Transformation mit sich bringen.
GEORG Bei einer gelungenen Transformation stellt sich die Frage nach dem Zurück gar nicht mehr. Weil es plötzlich so zwingend, einsichtig und attraktiv ist, dass man gar nicht mehr darüber nachdenken muss.
Tiefgreifende Veränderung
FRANZ Ich frage mich, ob Transformation das Geschäftsmodell beeinflussen muss? Und ich glaube: Ja. Das muss nicht unbedingt direkt im Geschäftsmodell sein. Wenn sich eine Organisation verändert in der Kultur, den Machtstrukturen, der Kollaboration hat das Auswirkungen auf das Geschäftsmodell, obwohl ich nach wie vor Schrauben verkaufe.
EVA Transformatorische Veränderungen wirken sowohl auf der inhaltlich-strukturellen Ebene, also in den Prozessen, Strukturen und Strategien an der Oberfläche, als auch auf der Handlungsebene.
MICHAEL Ich glaube, dass sie in jeder Handlung spürbar werden. Denn welche Bedeutung ich meiner Handlung zuschreibe, hängt von der Sinnrichtung und den Werten ab. Und wenn sich Werte ändern, ändert sie auch die Bedeutung der Handlung in der Organisation.
ANDREA Der einzelne Mensch muss diese Veränderung spüren. Und wenn sie passiert ist, dann ist das so normal, dass du gar nicht mehr auf die Idee kommst, dass es anders hätte gehen können. Rogers nennt es Aktualisierungstendenz, die wir alle in uns haben – und was im Kleinen ist, ist auch im großen Organismus möglich.
Revolution oder Evolution?
FRANZ Wie radikal muss Veränderung im Wesentlichen eigentlich sein? Muss das zu 100% sein oder reichen 10%, die wesentlich sind, auch?
GEORG Es kann im Kleinen radikal sein, aber dort muss es radikal sein, davon bin ich überzeugt. Im Kleinen heißt, wenn ich bisher eine bestimmte Meetingkultur hatte und ich die wirklich verändere, dann ist das radikal.
MICHAEL Es muss eine Revolution im Kleinen sein, aber in Summe im Gesamtsystem kann es auch eine Evolution sein, in der sich Machtstrukturen verändern. Es muss nicht immer ein großer Paukenschlag sein, der das ganze System auf einmal erschüttert.
BARBARA Ich bin auch überzeugt, dass es manchmal Revolutionen braucht, die etwas auslösen. Aber die fressen ihre Kinder. Letztendlich ist die Evolution erfolgreich – und diese braucht Zeit.
Transformation braucht Raum
EVA Transformation kann nicht von außen kommen. Es kann zwar äußere Impulse geben, aber es braucht gemeinsame Auseinandersetzung, um gemeinsam neue Bilder entstehen zu lassen. Dazu sind Räume des ehrlichen Auseinandersetzens und des In-Frage-stellen-Dürfens notwendig.
MARIA Als Begleiter:innen halten wir diesen „Dazwischenraum“. Das sind genau diese Phasen, diese Konflikte, wo man merkt: Es schnalzt wieder zurück. Oder: Wir kommen gar nicht wirklich zu dieser Veränderung. Das gilt es zu thematisieren.
„Kleine Schritte zu gehen ist wichtig, um immer wieder Sicherheit für sich, das Team, die Organisation zu schaffen.“ — Eva Maurerbaur
Sicherheitsnetze knüpfen
EVA Etwas zu belassen, ist ja viel sicherer, als in eine neue Richtung zu gehen. Es braucht wahrscheinlich viel Mut, sich als Person und Gesamtorganisation auf so eine Transformation einzulassen, vor allem, wenn man nicht genau weiß, wo die Reise hingeht. Deshalb sind Perspektiven extrem wichtig. Und kleine Schritte zu gehen, um immer wieder Sicherheit für sich, das Team, die Organisation zu schaffen.
FRANZ Mir kommt eine Botschaft von Reinhold Messner in den Sinn: „Wenn du wirklich etwas verändern willst, dann musst du in lebensbedrohliche Situationen gehen, weg von jeder Sicherheit.“ Ich frage mich: Wie weit musst du aus der Komfortzone, die dir Sicherheit gibt, aus der Stretchzone, die noch irgendwie handhabbar ist, wirklich in die Gefahrenzone, um etwas im Wesentlichen zu ändern?
ANDREA Dolly Parton hat gesagt: „Wenn du den Regenbogen sehen willst, musst du Regen aushalten.“ Und wahrscheinlich auch das Gewitter – und das ist nicht lustig. Deshalb muss ich wissen, weshalb ich es mache, ich muss es verstehen und meine Haltung verändern. Das hat natürlich etwas mit Verlust zu tun. Vielleicht auch mit Angst: Jetzt kommt ein neues System und ich traue mich nicht über das Neue drüber.
Loslassen und schweben
GEORG Messner sagt auch: „Damit diese radikale Veränderung geschieht, braucht es Angst.“ Er hat unheimliche Angst gehabt vor dem, was er gemacht hat. Und es braucht die Reduktion. Deshalb hat er immer alles weggelassen, wie die Sauerstofflaschen. Ansonsten fängst du an, um dich herum Sicherheitssysteme aufzubauen. Wenn ich das übertrage auf Organisationen, dann ist Angst dort tabuisiert. Man muss also Angst zum Thema machen, wenn man über Transformation spricht. Und auch die befreiende Reduktion. Und er sagt dann noch: Sinn entsteht dann, wenn du ins Tun gehst.
BARBARA Wir alle brauchen Sicherheit, aber wo kommt die her? Wir wünschen uns wohl, dass sie von außen kommt, dass andere uns beschützen. Aber das gibt keine echte Sicherheit. Wenn ich an Angstsituationen denke: Da bin ich auf mich zurückgeworfen. Aber es stimmt nicht, dass ich gar keine Sicherheit habe. Denn ich habe meine Kompetenz, meine Erfahrung, ich habe vielleicht meinen Mut – ich bringe voll viel mit! Es liegt an uns als Begleiter:innen, die Menschen in der inneren Gestaltungskraft zu stärken. Hinzuschauen: Was habt ihr denn alles an Ressourcen? Und wie könnt ihr die nutzen?
GEORG Nicht von Sicherheit, sondern von innerer Gewissheit zu sprechen, hätte noch eine andere Qualität.
ANDREA Ich muss das Vertrauen haben, dass etwas Sinnvolles herauskommt. Dann habe ich auch die innere Gewissheit, dass es gut wird.
MICHAEL Mir kommt ein Lied in den Sinn von einer Band namens „Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi“. Darin singen sie: „Sie bemerken, dass Fallen zu Schweben wird, wenn man aufhört, sich an Dingen festzukrallen.“ Ich finde, das ist ein schönes Bild, weil es die eigenen Fähigkeiten zeigt. In diesem Schweben kann ich gestalten und viel daraus machen.
Sinn und Mut
BARBARA Warum ist Messner bereit, sich Angstsituationen auszusetzen? Weil er das will! Ich will nicht auf einen 8.000er gehen, also werde ich mich dieser Angstsituation auch nicht aussetzen. Aber er will es und deshalb nimmt er in Kauf, dass er Angst hat und sich in die Unsicherheit und das Risiko begibt. Meistens werden Transformationsprozesse in Organisationen durch „irgendwas vermeiden“ ausgelöst. Das ist noch kein echtes Wollen. Wie stellen wir es uns vor, wo wir hinwollen, wie wir hinwollen, wie wir sein wollen als Organisation?
EVA In Momenten der Unsicherheit und Angst, der Ohnmacht oder des Doch-wieder-zurück-Wollens muss die Frage „Wozu tun wir das?“ gehalten werden. Das Thema des Sinns schwingt einfach immer mit bei Transformation.
GEORG Für mich ist Transformation Mut, Aufrichtigkeit und Sinn.