Ein Kulturentwicklungs-Instrument in der Wirtschaftskammer Oberösterreich (WKOÖ)
Das 270°-Führungskräfte-Feedback in der WKOÖ hatte seinen Ursprung im Jahr 2012 in dem Anspruch, nach Jahren der Weiterentwicklung und Professionalisierung der Organisation und ihrer Leistungen für die Mitglieder zusätzlich auch die Mitarbeiter/innen-Führung wieder stärker in den Fokus zu rücken.
Steigende Anforderungen, zunehmende Dynamiken im relevanten Umfeld und sich ändernde Erwartungen der Mitarbeitenden fordern die Führungskräfte zunehmend heraus. Aus diesen Erkenntnissen und den Ergebnissen der Mitarbeiter/innenbefragung wurden folgende Ziele abgeleitet:
- Weiterentwicklung des Führungsleitbildes und damit des angestrebten Rollenverständnisses
- Stärkung der organisationalen und individuellen Führungskompetenz
- Erfahrungslernen und internen, bereichsübergreifenden Know-how-Austausch intensivieren
- Verbindlichkeit und Messbarkeit in der Führungsarbeit erhöhen
- Durch fortschrittliche Führungsarbeit die langfristige Verfügbarkeit von geeigneten Führungskräften und Schlüsselkräften sicherstellen
In einem ersten Schritt wurden in einem partizipativen Prozess Führungsgrundsätze erarbeitet und in der Organisation implementiert. Zur Unterstützung der Umsetzung wurde unter anderem das 270°-Führungskräfte-Feedback eingeführt.
Die Durchführung des 270°-Feedbacks
Dieser Prozess ermöglichte im ersten Halbjahr 2016 einen speziellen Reflexionsraum für die Auseinandersetzung mit der Führungskultur. Durch die Online-Erhebung konnten die jeweiligen Mitarbeiter/innen, der übergeordnete Vorgesetzte und auch die Führungskollegen jedem Mitglied der 1. und 2. Berichtsebene eine fundierte Rückmeldung geben. Ebenso erfolgte eine Selbsteinschätzung der Führungskraft.
Die Ergebnisse wurden mit dem jeweils zuständigen Direktor und mit dem Team besprochen. Optional bestand auch die Möglichkeit, in einem kollegialen Gruppencoaching-Setting mit wichtigen Nahtstellenpartnern das kollegiale Feedback zu hinterfragen.
In einem abschließenden Reflexionsmeeting im obersten Führungsgremium wurden die Erkenntnisse und Lessons Learned abgeleitet sowie der Prozess evaluiert.
Lessons Learned 1: Die Challenge!
Der Umgang mit kritischem Feedback ist eine große Herausforderung. Wichtig war, einen vertrauensvollen Rahmen zu schaffen und so zu einem offenen Feedback zu ermutigen. Dafür hatten Richtigkeit und Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse höchste Priorität.
Ein selbstkritischer Zugang der Führungskräfte hilft – es hängt viel davon ab, wie stark sich die Führungskraft öffnet. Auffallend war, dass teilweise bei kritischem Feedback die Ursachen weniger bei sich selbst, sondern im Umfeld gesucht wurden.
Einen offenen Rückspiegelungsprozess in den Teamworkshops durch einen wertschätzenden, vertrauensvollen Aufbau sowie externe Moderation ermöglichen.
Eine echte Auseinandersetzung mit kritischen Ergebnissen sicherstellen. Dazu gehört auch, dass eine Veränderung von kritischem Führungsverhalten von den übergeordneten Entscheidungsebenen konsequent eingefordert und unterstützt wird.
Durch das konsequente Projektmanagement, die klaren Spielregeln und transparente Schritte ist der Prozess sehr kulturkonform und „störungsfrei“ abgelaufen. Damit sind möglicherweise Irritationen und daraus resultierende veränderungswirksame Diskurse auf der Gesamtunternehmensebene zu kurz gekommen. Wie die Statements von Teilnehmern am Prozess aber zeigen, hat sich in den vorgesehenen Austauschräumen viel getan. Alles in allem hat sich der Einsatz des 270°-Führungskräfte-Feedbacks bewährt.
- Es erfolgte eine vertiefte Verankerung und Bewusstmachung der Führungsgrundsätze.
- Feedback- und Coachingprozesse wurden noch stärker als wesentliches Element in der Zusammenarbeit etabliert.
- Konkrete, individuelle Ansätze der Verbesserung und Stärkung der Führungsarbeit wurden erarbeitet.
- Veränderungsthemen wurden lösungsorientiert in Angriff genommen und dazu Maßnahmen entwickelt.
- Damit wurde auch die Basis für künftige Veränderungsprozesse in der Unternehmenskultur gestärkt.