Wie gelingt Zusammenarbeit zwischen Robotern und Menschen? Welche Chancen eröffnen Maschinen für unser Mensch-Sein und unsere Selbstwirksamkeit? Und: Wo sind die ethischen und moralischen Grenzen hinsichtlich Kooperation und Konkurrenz? Machen Sie mit mir einen Ausflug in die Welt von Star Wars – eine Welt, die Inspiration für die Gegenwart sein kann!
Was sich in George Lucas‘ Filmtrilogie Star Wars bereits 1977 zeigte, ist nun seit längerem in der realen Welt angekommen: die effiziente und freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen Robotern und Menschen. Im Film wurden dem kleinen Roboter R2-D2 neben dem analytischen Denken „menschliche“ Fähigkeiten, wie Empathie, einprogrammiert. Auch wenn R2-D2 eine andere Sprache spricht (er piepst), versteht er dennoch alles und jeden – und wird auch von seinen menschlichen Kolleg*innen verstanden, die ihm mit Zuneigung und Wertschätzung begegnen. Und auch wenn selbst im Falle von Star Wars Roboter Menschen nicht ersetzen können: Sehr wohl sind sie eine wesentliche Unterstützung im Denken, in der Forschung, der Entwicklung, der Risikostreuung, im Human Enhancement, imSchneller-Höher-Weiter!
Revolution am laufenden Band
Seit Beginn der Industriellen Revolution, die in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts ihren Anfang nahm und im 19. Jahrhundert ihre Hochzeit erfuhr, gab es tiefgreifende Veränderungen in den sozialen und wirtschaftlichen Lebensumständen des Menschen und damit auch hinsichtlich der Arbeitsbedingungen. Die Mechanisierung ermöglichte in den 1930er- Jahren erste Massenproduktionen, während die 1960er- und 1970er-Jahre (die “Dritte Industrielle Revolution“, wie Georg Friedmann sie nennt) bereits von Industrierobotern gekennzeichnet war.
Heute erleben wir Revolutionen in immer kürzeren Abständen: Befinden wir uns mittlerweile bei Industrie 4.0 oder doch schon 5.0? Roboter gehören in jedem Fall unweigerlich dazu. Dazu zählen nicht nur jene, die Tätigkeiten alleine ausführen, sondern auch sogenannte „Cobots“, Collaborative Robots, die mit uns Menschen zusammenarbeiten.
Wie gehen wir damit um? Ist das Gefühl berechtigt, wir müssten uns mit Robotern messen? Das Gefühl, chancenlos zu sein? Ab wann treten wir in Konkurrenz mit Cobots, weil sie unsere Arbeit anders, besser, schneller erledigen? Und woran wollen wir dann künftig die fachliche und persönliche Weiterentwicklung „menschlicher“ Teams messen, wenn das Besser und Schneller zunehmend an Maschinen delegiert wird
Was wollen wir steuern?
Tatsache ist: Roboter agieren schneller, sie brauchen keine Pausen, keine Anerkennung, sind noch dazu weniger fehleranfällig und unterstützen bei Tätigkeiten, zu denen man sonst ungleich mehr Personen brauchen würde. Denkt man an die Autobranche, wo mit riesigen Greifarmen Antriebswellen an den richtigen Stellen platziert werden, 3D-Kameras präzise Prozesse überwachen, das Hantieren mit hochgiftigen oder hochexplosiven Stoffen ausgelagert werden kann, die Lagerlogistik beschleunigt wird und vieles mehr. Nichts desto trotz stehen hinter all diesen Tätigkeiten laut Ulrich Hemel, (derzeit noch) die Entscheidungen von Programmierer*innen oder IT-Techniker*innen. Wir steuern, in welchen Prozessen Cobots unser Menschsein nicht ersetzen sollen, beispielsweise in Hinblick auf die Achtsamkeit gegenüber Fußgänger*innen im Falle selbstfahrender Autos, auf Entscheidungen in der Medizin oder bei militärischen Einsätzen. Wo wollen wir uns auch künftig nicht auf Künstliche Intelligenz (K) verlassen müssen, sondern das Ruder weiterhin selbst in der Hand haben? Aimee van Wynsberghe, Professorin für Ethik und Technologie in den Niederlanden und auf verantwortungsvolle Robotik spezialisiert, ist der Ansicht: „Wir dürfen Roboter niemals über Leben und Tod entscheiden lassen. Roboter dürfen weder als Arzt noch als Soldat eingesetzt werden und auch nicht als Lehrer.“ Hier bedarf es noch zahlreicher ethischer und rechtlicher Diskussionen. Denn während es für technische Probleme meist relativ eindeutige Lösungen gibt, so verlaufen ethische Argumentationen und Aushandlungsprozesse meist komplex und vielseitig.
Freund*in und Helfer*in
Dennoch sollten wir unsere „Kolleg*innen aus Blech“ nicht als Konkurrent*innen sehen, sondern uns mit ihnen anfreunden und Vertrauen entwickeln. Vielleicht wird dann zwar vieles anders, aber gerade dadurch auch erst Verbesserung möglich. Wir vermenschlichen bereits KIs wie Siri und Alexa. Denken wir nun beispielsweise an Pflegeroboter: Auch hier liegt kein menschliches Gegenüber vor. Doch wo Menschen fehlen, können Maschinen in ihre Rolle schlüpfen und Hilfe, Zuwendung und vielleicht sogar so etwas wie Freundschaft ermöglichen.
Im Falle unserer Kinder ersetzen bereits jetzt Maschinen einen Großteil fehlender Kontakte durch die Corona-Pandemie wird dies aktuell noch beschleunigt. Das zeigt sich zwar mitunter in einer steigenden Internetsucht bei Jugendlichen (der Großteil davon Buben). Allerdings bieten Computerspiele, in denen es längst nicht mehr nur ums Bekriegen und Töten geht, beispielsweise auch die Chance auf komplexe Interaktionen und das Lösen gemeinsamer Probleme. Es ist also mehr als nur ein Vorgaukeln einer virtuellen Welt, sondern kann auch positiven Laborcharakter haben: „Wie tu ich mit anderen? Wie lösen wir Probleme gemeinsam?“ Dabei können sich Kinder und Jugendliche in der Rolle von Avataren (virtuellen Persönlichkeiten) ausprobieren – vom sicheren Kinderzimmer aus, was besonders den Ängstlichen zugutekommt.
Selbstwirksamkeit:
Die eigene Überzeugung und Sicherheit in sich spüren, dass man Probleme, Themen, Fragestellungen durch sein eigenes Zutun und Handeln lösen und bewältigen kann. Ein wichtiger Resilienzfaktor!
Handlungsmuster erproben
Natürlich besteht die Gefahr des Realitätsverlustes durch die einseitige Interaktion von Mensch und Maschine. Sehen wir es jedoch als Spielwiese, so können auf dieser neue Handlungsmuster sowie Sicherheit und Selbstwirksamkeit erprobt werden, was sich positiv auf das „echte Leben“ auswirken kann. Und das gilt nicht nur für unsere Kinder, sondern auch für Erwachsene. Stichwort Partnersuche: Es gibt jede Menge Plattformen, wo Algorithmen den idealen Partner/die ideale Partnerin berechnen. Gerade in Zeiten von Distanz und sozialer Vereinsamung zumindest ein Hoffnungsschimmer. Deshalb: Wir Menschen müssen nicht passiv dabei sein, wir dürfen und sollen aktiv gestaltend an der „Roboter- Revolution“ teilhaben. Es ist also eine Chance, Eigenverantwortung zu erlangen und in unsere Selbstwirksamkeit zu kommen und diese zu spüren. Und wenn durch Cobots Leistungs- und Zeitdruck minimiert werden, weil schwere körperliche Arbeit, Gefahrenpotenziale, Lärm – alles Ursachen von Stress – wegfallen, dann spricht das dafür, ganz im Sinne von Star Wars und R2-D2, mit Maschinen zu interagieren. Der Cobot als wertvoller „Unterstützer“ in der Zusammenarbeit, der vor allem ein sicheres Arbeiten ermöglicht: ein schönes und gesundes Szenario.
Selbstwirksamkeits-Check:
- Glauben Sie an sich selbst?
- Sind Sie eher Vermeider*in oder doch ein Annäherer/Annäherin? Gehen Sie bewusst auch mal in die Konfrontation und nähern Sie sich Zielen, Themen, Problemen bewusst an – oder vermeiden Sie dies?
- Was sind Ihre Stärken? Was würde Ihr bester Freund oder Ihre beste Freundin über Sie sagen?
- Wie offen sind Sie für Neues? Für radikale Änderungen?
- Wie wirksam und mutig würden Sie sich nun nach der Beantwortung dieser Fragen einschätzen?