Michael Auinger begleitet Veränderungs- Innovations- und Kreativprozesse in Organisationen. Als Experte für Netzwerktheorien und -analysen transformiert er zudem poststrukturalistische Konzepte, wie die Actor Network Theory, in die Praxis. Der Organisationsberater und Profi-Musiker im Gespräch mit Barbara Jany.
Was fasziniert dich an deiner Arbeit als Organisationsberater besonders?
Ich mag das Eintauchen in unterschiedlichste Branchen und Welten. Und will etwas beitragen, damit sie sich – auf eine für sie gute Art und Weise – entwickeln. Dabei ist mir wichtig, dass Prozesse und Ergebnisse gemeinsam getragen werden.
Spannend wird es dort, wo sich ein spezifisches Thema als Teil einer komplexen Situation herauskristallisiert. Darauf hinzuweisen und diesen größeren Kontext bearbeitbar zu machen, ist mir ein Anliegen. Denn isoliert lassen sich Probleme meiner Meinung nach nicht lösen.
Ein konkretes Beispiel dafür?
In einer Common-Profit-Organisation sollte eine Teamanalyse Erkenntnisse über Konflikte und Widerstände in einer Abteilung liefern. Einzelinterviews ermöglichten unterschiedliche Blickwinkel und machten letztendlich eine Schattenführungsrolle sichtbar: Diese Person hat sich – ohne formelle Führungsfunktion – selbst auch fehl am Platz gefühlt. Diese Erkenntnis offenbarte eine ganz andere Dynamik als ursprünglich angenommen, wodurch die Situation bearbeitbar wurde.
Auf den ersten Blick scheinen deine beiden Berufe als Organisationsberater und Musiker wenig gemeinsam zu haben. Welche Anknüpfungspunkte gibt es?
Da gibt es viele Gemeinsamkeiten: Meine Musik ist improvisiert. Dabei geht es eigentlich um Kommunikation, darum, als Gruppe gemeinsam einen ästhetischen, kreativ-wertvollen Output zu schaffen. In Organisationen ist es zwar ein ganz anderer Kontext, die Grunddynamik aber ist ähnlich. Es geht um die Balance von Struktur und Chaos, um das Kontinuum dazwischen und an welcher Stelle sich neue Dinge manifestieren.
Die Kunst ist das freie Radikal in mir, das mir ermöglicht, in der Organisationsentwicklung auf interessante Ideen zu kommen.
Was bedeutet für dich: Die Kraft entsteht dazwischen?
Erst aus Gegensätzen kann das Spannungsfeld entstehen, das Energie erzeugt. Gäbe es keine Spannungsfelder, gäbe es keine Bewegung mehr – und alles würde erstarren. Deshalb muss das Dazwischen aufrechterhalten werden.
Ein Buchtipp von dir…
„Also sprach Golem“ von Stanislaw Lem. Es wurde in den 1970iger Jahren geschrieben und spricht Themen an, die jetzt langsam auf uns zuzukommen scheinen: Die Menschheit hat einen Supercomputer entwickelt, der durch Superalgorithmen seine eigene Sprache, Denk- und Wahrnehmungsweisen entwickelt hat. Er hat nun die Antworten auf alle Fragen der Menschen, nur entsprechen diese Antworten nicht unserer Vorstellung von Mensch-Sein.
Worum geht’s im Leben?
Möglichst im Moment zu sein. Sich nur auf einen einzigen Ton konzentrieren. Diese Wahrnehmung nicht gleich einordnen. Dadurch erfährt man viel Schönes!
Michael Auinger
Organisationsentwickler, Prozessbegleiter, Kreativ- schaffender, INOVATO-Berater seit 2018. Lebt in Wien