Transformationsmanagement

Die INOVATO-Dialogveranstaltung am 29. Oktober im Stift St. Florian stand ganz im Zeichen des Themas „Transformationsmanagement“. Rund 25 Teilnehmer/innen – Geschäftsführer/innen, Führungskräfte, Personalverantwortliche, Entwickler/innen – setzten sich mit den aktuellen Veränderungsansprüchen unter einem besonderen Fokus auseinander: Nämlich mit einem speziellen Changeansatz, der die grundlegende Veränderung des „Wesens“ einer Organisation und damit ihre Psychodynamik ins Zentrum der Betrachtung rückt.

Wozu Transformationsmanagement?
Die aktuelle Situation unserer Wirtschaftssysteme zeigt auf, dass wir aufgefordert sind, vieles – auch Vertrautes und Liebgewonnenes – in Frage zu stellen und zu verändern. Waren die Veränderungsprozesse der letzten zwanzig Jahre überwiegend vom Paradigma des Wachstums geprägt, so verlangen die heute erlebbaren und sich abzeichnenden Veränderungsstimuli nach einem Paradigmenwechsel, zumindest in wesentlichen Bereichen des Denken und Handelns. Oft stehen Organisationen vor der Aufgabe, einen Wandel zu bewältigen, der wesentliche Elemente des bisher erfolgreichen Systems rüttelt und in Frage stellt.
Zunächst stellt sich die Frage, ob die Phase, in der wir uns befinden, spezielle, charakteristische Parameter und Ansprüche der Veränderung mit sich bringt.
Veränderungen gab es schon immer, auch sehr krisenhafte. Das Außergewöhnliche an „unserer Krise“ ist wahrscheinlich die massiv voranschreitende Dynamisierung der Machtkonstellationen. Wertewandel, die Vielfalt der Möglichkeiten, die Beschleunigung der Prozesse, vor allem auch der Verlust stabilisierender gesellschaftlicher Strukturen, der Rückgang der Bedeutung autoritärer Systeme führen zur reduzierten Wirksamkeit von Fremd- und einem Vormarsch der Selbststeuerung. Versuche, die Dinge einigermaßen unter Kontrolle zu halten, gelingen bei intensivem Ressourceneinsatz nur bedingt und temporär, sie bringen vor allem keine echten neuen Zugänge, keine neuen Lösungen.
Die Krise, die wir gerade erleben, ist ein Resultat daraus. Sie ist zugleich ein Wendepunkt, eine Chance, jene nachhaltigen Veränderungen, Innovationen einzuleiten, die unsere Gesellschaft braucht. Wir müssen uns aus der Krise heraus-DENKEN, das kreativ-schöpferische Potential unserer Organisationen und damit der in ihnen tätigen Menschen berühren, entdecken, herausfordern und fördern.
Nur WIE soll das gehen? Gelingt dieser zum Teil dramatische Wandel mit dem Einsatz herkömmlicher Change-Methoden und vor allem der ihnen zugrunde liegenden Haltungen? Klassische Organisationsentwicklungsmaßnahmen wie projektorientierte Visions- und Strategiearbeit, TQM, Leitbildentwicklung, Prozessmanagement und andere mehr sind gefährdet, „Mehr vom Selben“ zu produzieren. Rasch muss es oft gehen, Resultate sind gefragt, die Sehnsucht nach den Quick wins steht im Vordergrund. Ein durchaus verständlicher und in krisenhaften Zeiten gut nachvollziehbarer Zugang, oft auch eine Überlebensfrage.

Was ist das Besondere an einem Transformationsprozess?
Wir sprechen von Transformation in der Unternehmensentwicklung, wenn völlig neue Haltungen, Zugänge, Erkenntnisse erforderlich sind, um eine nachhaltige Erfolgsausrichtung der Organisation sicher zu stellen. Das „Mehr vom Selben“, und sei es noch so effektiv und effizient gestaltet, reicht nicht mehr aus, um den aktuellen und künftigen Anforderungen zu genügen. Die Organisation muss sich in seinen Grundfesten, in zentralen Bereichen seines Wesens wandeln. Damit das geschehen „darf“, benötigt es eine Wandlung von Identitäten, ein Verlernen bisher gültiger Gebrauchstheorien von Menschen und gültigen Gesetzen der Organisationskultur. Das System muss Teile seiner bisherigen Haltungen, Muster verlieren und neue aufbauen. Die regulative Ebene mit seinen gelebten Werten und Handlungsmaximen (deep cultural), die grundlegenden Annahmen stehen im Fokus der Interventionen.
Transformation ist kein generell gültiger Anspruch in der Organisationsentwicklung. Er ist vor allem dann zu stellen, wenn die bisherige Antriebsenergie des Systems sich abschwächt und nicht einfach durch einen Relaunch „repariert“ werden kann und soll. Transformation als Konzept ist dann gefragt, wenn neue, nachhaltige energetische Kräfte aufgebaut werden sollen und müssen. Wir sprechen von einem radikalen Paradigmenwechsel in wichtigen Teilen des Nervenzentrums des Systems. Ein Wechsel, der in einem gemeinsamen Prozess von Gesellschaftern, Führungskräften, Schlüsselmitarbeitern und wichtigen externen Stakeholdern erfolgen muss, mit einer besonderen Achtsamkeit auf die dahinterliegende Psychodynamik des Systems.
Transformation ist ein Changeansatz, der eine grundsätzliche Veränderung des Wesens einer Organisation zum Ziel hat. Erst diese neuen Haltungen, die von den Führungskräften und Mitarbeitenden wirklich gelebt werden, ermöglichen die Entwicklung UND Umsetzung der neuen Konzepte und Vorgehensmodelle.
Das was bleibt, auch bei radikalen Transformationen, ist der Unternehmenszweck, die Mission. Oft wird sie entstaubt, geschärft oder sprachlich neu definiert, ihr grundsätzlicher Auftrag ist unverändert und gibt in dieser Veränderung Stabilität und Orientierung.
Für die Menschen im System, aber auch für enge Assoziationspartner, bedeutet das alles, die „alte Welt“ zu verlassen und sich auf eine Entdeckungsreise in die „neue Welt“ einzulassen. Damit verbunden sind Ängste, Verunsicherungen, Wut, Enttäuschungen, Verletzungen, Resignation. In weiterer Folge aber das Entdecken neuer Möglichkeiten, frei werdende Energien, wachsende Zuversicht und das Nutzen nachhaltiger Chancenpotentiale – die neue Perspektive macht den Menschen für den künftigen Erfolgsweg Mut.

Blitzlichter aus dem Dialog der Teilnehmer/innen

  • Es gibt in der Transformation keinen eindeutigen Weg zum Erfolg. Oft gilt es, die kreative Unruhe noch zu schüren, die Erstarrung des Systems auszuhalten. Es muss meist die Not noch größer werden, bevor dann wirkliche Wandlungen passieren.
  • Leadership-Qualitäten sind gefordert und es braucht meist auch neue Teamplayer, welche die künftig erforderliche Kultur stark mittragen und forcieren.
  • Eine zentrale Frage ist, ob die neue Antriebsenergie, die Bereitschaft auf andere/kargere Weideplätze zu gehen, nur durch Druck entsteht? Ist es nicht auch die Zugkraft, die Vision und die mit ihr verbundenen Perspektiven, die Energiefelder mobilisieren? Im Sinne des strukturellen Konfliktes braucht es beides – Ein sich loslösen wollen/müssen aus der Realität und ein Hinbewegen zu einer kraftvollen, attraktiven Perspektive.
  • In jedem Fall ist die Kommunikation mit den Mitarbeitenden extrem wichtig. Durch den wachsenden Druck werden die Ängste verstärkt, Rückzugsverhalten ist die Folge. Meist wird dann der Druck noch weiter erhöht, was wiederum die Ängste, Unverständnis fördert, den Widerstand wachsen läßt.
  • Die Realität gibt meist noch immer Geborgenheit, ist angenehm, kann die Menschen auch in einer scheinbaren Sicherheit wiegen.
  • Transformation hat kein eindeutiges Ziel. Sie ist immer wieder unterschiedlich; das Bild, wohin sich das System entwickeln wird, ist oft am Anfang wenig klar, diffus. Meistens startet man mit einer Hypothese in die Zukunft, mit fortschreitendem Prozess wird diese immer klarer und gewinnt damit auch an Kraft. Gerade für Organisationen, die einen hohen Anspruch an die Planbarkeit stellen (müssen), ist diese Phase besonders unbefriedigend – strategisch auf Sicht zu fahren bedeutet oft, sich von Mehrjahresplänen verabschieden zu müssen.
  • Die Planungszeiträume verkürzen sich, es gilt auf Sicht zu fahren. Nur zu Treiben wäre zu wenig, das Management muss sich zwischen Driften und Steuern bewegen und durch das Meer der Herausforderungen navigieren. Bisher war das Wachstumsparadigma das Credo, Wachstum wurde auch beherrscht. Plötzlich gibt es in vielen Bereichen kein Wachstum mehr.
  • Die Menschen müssen erkennen, es geht nur mit Veränderung. Persönliche Bedürfnisse werden zum Treiber und/oder zur Blockade, es werden klare Führungskräfte mit klaren Orientierungen benötigt. Es gilt die Potenziale der Mitarbeiter/innen zu nutzen, um die erforderlichen Veränderungen auch meistern zu können.

Transformation benötigt die persönliche Meisterschaft der Führungskräfte und Mitarbeiter/innen und damit auch die Meisterschaft der Organisation. Es gilt die wertvolle Substanz aus dem Gewachsenen, in der Vergangenheit Entstandenen herauszuschälen und in eine neue Perspektive des unternehmerischen Handelns zu wandeln.