RUBBLE MASTER auf dem Tanzparkett der Transformation
Nachlese zu einer spannenden Salon4Changers-Veranstaltung des HCM der Business Upper Austria im Kepler Salon am 1. März 2023.
Von Franz Auinger und Michael Auinger.
399 v. Christus starb Sokrates. Angeklagt und verurteilt, die Jugend Athens mit neuen Zugängen zu verderben, beendete er durch Trinken des Schierlingsgiftes sein irdisches Dasein. Aber seine Ideen und Theorien leben weiter. Auf ihnen beruhen bis heute bestimmende Paradigmen, Werte und Haltungen.
Platon war einer dieser Jungen Athens und bereitete dafür den Boden auf. Nach wie vor faszinierend und gültig ist zum Beispiel sein Höhlengleichnis, das unser Gefangensein in sozialisierten und entwickelten Mustern wunderbar veranschaulicht. Diese Metapher zeigt angekettete Menschen, die nur auf eine Höhlenwand starren können und bizarre Schatten für die Wirklichkeit halten, die hinter ihnen und für sie nicht einsichtig produziert werden. Sie verstehen die Bilder nicht, sind verängstigt und zugleich auch damit vertraut. Sie müssten ihre Ketten sprengen, um das gesamte Bild erfassen zu können und die Perspektiven und Möglichkeiten außerhalb „ihrer“ Höhle zu entdecken.
Auch heute sind wir in unseren Lebens- und Arbeitswelten zu oft in vertrauten Höhlen, erleben diese zwar immer mehr verunsichernd, teilweise beängstigend und überfordernd, wir trauen uns aber nicht aus unserem Komfort und leben lieber mit dieser Ambivalenz und Dissonanz.
Die Ketten unserer Vorstellungen zu sprengen schafft Raum für Innovation. Natürlich werden damit auch Gegensätze sichtbar, es entstehen Spannungsfelder, die Weiterentwicklung befeuern können, Neues, vorher Unvorstellbares darf und muss gedacht werden.
Unternehmen sind heute aufgrund evidenter Dynamiken ihrer relevanten Umwelten besonders herausgefordert, wahrscheinlich viel stärker als in der Aufbau- und Wachstumsphase der letzten 60 Jahre. Sie müssen ihre erfolgreichen Geschäftsmodelle in eine neue Zukunftsfähigkeit transformieren. Sie müssen vertrautes Gebiet verlassen, ohne das Neue ansatzweise wirklich zu kennen.
Sie müssen sich auf das Tanzparkett der Transformation begeben.
RUBBLE MASTER (RM) ist weltweiter Schrittmacher in der Welt des Bauschutt-Recyclings und genau für diese Haltung ein anregendes Beispiel.
Möglich wurde diese beeindruckende globale Entwicklung durch Innovationsfreude, Leidenschaft und das Engagement des RM-Netzwerks. Das imposante Wachstum seit 1991 sowie höchste Innovationsansprüche fordern Führungskräfte, Mitarbeitende und die Organisation heraus, sich laufend der Weiterentwicklung und Veränderung zu stellen. Mit einer Exportquote von 90 Prozent und über vierhundert Mitarbeiter:innen ist man zwar im Vergleich zu den Big-Playern klein aufgestellt, in der Technologie und den Geschäftsmodellen aber führend und Frontrunner.
In einem laufenden Transformationsprozess richtet sich das Unternehmen auf die nächste Unternehmensentwicklungsphase aus. Viele Weichen müssen gestellt, auf bewährten Erfolgsprinzipien soll dabei weiter aufgebaut werden. Über das Narrativ des Gründers Gerald Hanisch, das im Management entwickelte House of Strategy, sowie die partizipativ erarbeiteten Values und Leadership-Principles wurden dafür die Basis und der Rahmen gelegt. Im Kraftfeld zwischen der vertrauten und der sich nun immer klarer abzeichnenden neuen Rubble-Master-Welt zeigen sich kräftige Spannungs- und Entwicklungspotenziale, die durch Organisations- und Kulturentwicklungsmaßnahmen zielgerichtet realisiert werden sollen.
• Mehrdimensional denken und handeln -
Transformation passiert immer auf mehreren Ebenen gleichzeitig ... Normative/strategische/operative Ebene; Organisationales Lernen/Teamlernen/Personal Mastery
• Die Veränderung muss grundlegend sein -
damit Wesentliches zukunftsfähig bleibt, bedarf es eines Wandels der Werte/Haltungen, der Ziele/Modelle
• Führung ändert
Die Führung des Wandels bedingt einen Wandel der Führung – das betrifft alle: WIR verändern uns!
• Auseinandersetzen -
Kernelement des Wandels ist der strukturelle Konflikt – es gilt ihn zu erkennen, zu initiieren; kompromisslos zu beobachten & Widerstände und Wandelresistenz auszuhalten; die Veränderung erfolgt letztlich über die einzelnen Menschen
• Eigenkräfte stärken –
die Selbststeuerungsenergien der Menschen und des Systems fördern; Barrieren beseitigen und Sicherheit durch Rahmen geben
• Die Visionen entstehen im Gehen –
Zukunfts-Hypothesen entwerfen, überprüfen, Kostproben geben, die Ziele begreifbar machen
• Verinnerlichen & Anker setzen –
bedeutungsvolle Ereignisse und Kopplungen schaffen; experimentieren, tun & reflektieren & implementieren & verankern
„Der Gründer und Visionär ist immer schneller“ – die Herausforderung liegt aber darin, dass künftig die entsprechenden Bälle immer mehr so weitergespielt werden, dass die für das Unternehmenswachstum notwendigen Strukturen sich nachhaltig etablieren können – ohne dabei das innovationsgetriebene System allzu träge zu machen. Zwischen Innovationsanspruch und Wachstumsdynamik (mit der dafür erforderlichen Strukturierung) liegt bei Rubblemaster ein struktureller Konflikt.
Das Handling dieses Konflikts erfordert auch ein entsprechendes „Einspielen“: Neue Prozesse und Strukturen brauchen Zeit, damit die Akteure die neuen Bewegungen antizipieren und entsprechende Schritte ineinander verzahnen und rasch rekombinieren können. Dabei kommt es auch immer wieder zu Rückfällen in alte Muster. Hier ist es hilfreich „sich selbst nicht zu ernst zu nehmen“ und dem Neuen spielerisch zu begegnen – dazu gehört: Ausprobieren, Scheitern, Neu probieren und Tüfteln. Qualitäten, die in der Rubblemaster-Kultur grundsätzlich gut vertreten sind. Diese RM-Kultur auch in einem interkulturellen Kontext zu übersetzen ist aktuell besonders fordernd.
Gerade aber die herausforderndsten Situationen, die scheinbar unlösbarsten Probleme, waren immer jene Momente, die auch zu den bedeutendsten Entwicklungsschüben des Unternehmens geführt haben. Denn bei essentiellen Herausforderungen treffen meist die Kernentwicklungsfelder für die nächste Stufe aufeinander. Dieses Mindset gilt es auch für die aktuellen Herausforderungen bewusst zu machen.
Die multidimensionale Veränderung ist für MA zum Teil schwer fassbar. Change-Storytelling kann dabei helfen, das Wie und Wohin in einem kohärenten Erzählstrang zu verbinden und so in einem gemeinsamen Bild leichter fassbar zu machen. Das rationale Begreifen dieser Story ist aber nur eine Seite der Medaille: Wesentlich sind auch erlebte Erfahrungen der MA in ihrem tagtäglichen Tun – welche Aspekte meines konkreten Tuns verändern sich durch diesen Change? Wie genau? Wie zeigen sich die RM Values in jeder meiner Handlungen? Um diese „lived experience“ zu stärken sind alle RM Führungskräfte gefordert, zu Wegbegleiter:innen der Mitarbeiter:innen zu werden. Weiters bieten Workshopformate wie z. B. die Values-Workshops Erlebnis- und Austauschräume, in denen ein Teil der konkreten Übersetzungsarbeit und kollektives Sensemaking geschehen kann.
Fotos Salon4Changers: (c) Business Upper Austria