So lautet eine Erkenntnis des Forschungsprojektes der inoVato-Gruppe zum Thema Diversität.
Diversität ist allgegenwärtig:
- Globalisierung und europäische Integration
- Demografischer Wandel: älter, weniger, bunter, weiblicher
- Wertewandel und Individualisierung
- Ethnisch-kulturelle Vielfalt
- Veränderung der Geschlechterrollen und Geschlechterverhältnisse
- Anhaltender organisationaler Wandel
- Zusammentreffen von verschiedenen Berufsgruppen und Professionen
Diversität, also „Vielfalt“, ist ein Mitbringsel unterschiedlicher Bedürfnisse, Einstellungen und Sichtweisen von Menschen in ihre Unternehmen.
„Diversity umfasst all das, worin sich Menschen unterscheiden können (…) also äußerlich wahrnehmbare, auch subjektive Unterschiede. Rasse, Geschlecht, Alter oder körperliche Behinderungen zählen zur ersten Kategorie; Erziehung, Religion und Lebensstil zur zweiten.“Wagner/Sepehri 1999
Diese Vielfalt gilt es zu organisieren.
- Wie treffen diese Menschen Entscheidungen?
- Wo liegen ihre Prioritäten?
- Was benötigen sie?
- Was bringen sie in die Unternehmen ein?
- Wie kann diese Vielfalt die Organisation bereichern?
Wenn Menschen ihre Ideen entfalten können, sind Neuerungen möglich. Wenn Mitarbeitende ihre Vielfalt leben und Organisationsverantwortliche sich des Themas annehmen, können Effektivität und Produktivität steigen.
Diversity-Management benötigt Aufmerksamkeit und strukturiertes Handeln.
„Das Andere“, „das Fremde“ und „das Unterschiedliche“ dienen nicht selten als triviale Erklärungsmuster für Probleme und führen so zu Abwertungen und Stereotypisierungen. Dabei liegt gerade in der Mischung großes Potenzial.
Schon allein der Begriff des „Anderen“ ist problematisch. Im Grunde genommen sind wir uns auch selbst immer wieder fremd. Diese Art von Unterschiedlichkeit gilt es zu reflektieren. „Wir alle sind die anderen!“, so könnte ein möglicher Andockpunkt für Anders-Seiende innerhalb eines Teams sein.
„In Wirklichkeit aber ist kein Ich, auch nicht das naivste, eine Einheit, sondern eine höchst vielfältige Welt, ein kleiner Sternenhimmel, ein Chaos von Formen, Stufen und Zuständen, von Erbschaften und Möglichkeiten.“Hermann Hesse, Der Steppenwolf
Wertungen und Abwertungen haben in unterschiedlichsten Belangen ihren Hort: Es können wahrnehmbare Erscheinungsformen wie Ethnizität, Geschlecht, Alter, Körperlichkeit, Berufszugehörigkeit und Sprachgebrauch unterschieden werden, aber auch kaum wahrnehmbare Erscheinungsformen wie Persönlichkeit, Religion, Berufserfahrung, Ausbildung Nationalität, kulturelle Werte, sexuelle Orientierung, Bildung, Fachkompetenz unterschieden werden. Diese Wertungen finden in begrifflichen Konstruktionen wie: „typisch Frau“, „typisch IT“, „typisch Ausländer“ ihren Ausdruck: Diese Zuschreibungen sind nicht selten mit bestimmten Verhaltenserwartungen kombiniert und werden so zu tadelnden Vorurteilen. Daher braucht es eine tadel-lose Sprache. Eine Kommunikation, die Unterschiede anspricht, ohne dabei beleidigend oder abwertend zu sein.
Die Gründe für Wertungen und Abwertungen liegen nicht selten tiefer und hängen beispielsweise mit geringem Selbstwert, mangelndem Selbstvertrauen und Angst vor dem Anderen zusammen und oft auch an übernommenen, unreflektierten Mustern. Ein zentrales Lernfeld sollte deshalb die Selbstwertschätzung sein, um Ängsten gegenüber „Anders-Seienden“ durch mehr Selbst-Bewusstsein zu begegnen. Ich bin mir meiner Selbst, meiner Werte und meiner Vorurteile bewusst. Ich bin mir auch dessen bewusst, wie ich auf andere wirke. Selbstwertschätzung braucht daher eine tadel-lose Selbstkritik. Eine kritische Selbstreflexion der eigenen Haltungen, Werte, Handlungen und Persönlichkeit. Sich hinterfragen, ohne sich selbst abzuwerten.
Wertungen, aber auch Abwertungen, aufgrund von Unterschiedlichkeiten, finden letztlich auch in der Führungskultur ihre Anker. Strenge Maßregelungen bei Fehlern durch Vorgesetzte können beispielsweise dazu führen, dass sich ältere und erfahrenere Mitarbeitende nicht mehr trauen, sich nichts (mehr) zutrauen. Kompetenzen werden dann an jüngere, ihnen unterstellte Mitarbeitende übergeben, weil keine Fehler passieren dürfen. Fehler müssen aber passieren. Vielfältigkeit im Management braucht deshalb eine tadel-lose Führung. Vertrauenskultur statt Misstrauenskultur.
„Diversität meint Vielfalt und bezeichnet aktuelle Bestrebungen, sich von Identitätspolitik und -denken zu entfernen … (Es) wird nicht mehr in Kategorien von Identitäten gedacht, sondern auf einer stufenlosen Skala können stereotypisierende Effekte (wie die Homogenisierung von Gruppen, die Konstruktion von Identitäten) verhindert werden. … Binarismen, wie männlich/weiblich oder natürlich/kulturell werden als diskursiv erzeugt entlarvt. Methodisch heißt das, die Vielfalt in die Fragestellungen zu integrieren, und dadurch differenzierte Ergebnisse gewinnen zu können.“Frey/Steffen 2006
Eine tadel-lose Haltung fördert daher eine Unternehmenskultur, welche die Individuen und deren Sozialisationsprozess respektiert und ihre Werte erkennt und anerkennt. Es gilt, positive Wendungen des „Andersseins“ wertzuschätzen und ein Klima herzustellen, das es allen Menschen ermöglicht, ihre individuellen Potenziale, Talente und ihre Leistungsfähigkeit zu entfalten, abseits von Sonderprogrammen. Es geht um die Bildung heterogener Teams. Nicht im Sinne eines „Die Mitarbeitenden auf Linie bringen“, sondern im Sinne eines „Ich bin ein schräger Vogel, ich darf so sein!“