Eine effiziente und vor allem auch effektive Form der Kommunikation in gemeinsamen Arbeitskontexten zu finden stellt seit jeher eine große Herausforderung dar. In der zunehmend dynamischen und komplexen Welt, in der wir uns bewegen, wird diese Herausforderung immer mehr zur dringlichen Notwendigkeit.
Viele strukturelle Überlegungen zur Verwandlung in eine „agilere Organisation“ – im Sinne einer rascheren Anpassungsfähigkeit an wechselnde Anforderungen und Rahmenbedingungen – basieren auf dem Bild flexibler, sich vernetzender Teams und Plattformen, die sich themenbezogen bilden und wieder auflösen. Gelebte Selbstverantwortung und Selbststeuerung jedes einzelnen Teammitgliedes sowie der permanente Blick auf das Ganze – also auf den Unternehmenszweck, der hier das einende Element ist – sind hierfür notwendige Voraussetzungen.
Rasch wird klar, dass diese Strukturen vermehrten Abstimmungsbedarf der Teammitglieder, vor allem aber auch der Teams untereinander, mit sich bringen. So mancher wird nun sofort kräftigen Widerstand in sich spüren: „Bloß nicht mehr Besprechungen und Abstimmungen, die kosten nur Zeit und bringen wenig.“ Man ist dabei mit seinen eigenen Zielen und Bildern beschäftigt, und ein gemeinsamer Blick auf das Ganze wird zumeist durch das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Interpretationen und Wirklichkeiten vernebelt.
Wie kann es also gelingen, sich konstruktiv miteinander abzustimmen, gemeinsam Ideen zu entwickeln und dabei die diversen Anliegen gemeinsam zu (be)denken?
Notwendige Voraussetzungen für die Entwicklung einer tragfähigen Vertrauensbasis zueinander sind die Bereitschaft, eigene starre und enge Standpunkte loszulassen, und das ehrliche Interesse, den anderen zu verstehen. Um aber wirkliches Verständnis zu ermöglichen, muss ich nicht nur dem anderen zuhören, sondern ebenso in mich selbst hineinhören, mir meiner eigenen Gefühle und Denkmuster bewusst sein. Und genau das ist es, was durch den Dialog gefördert und damit möglich wird.
Martin Buber „Das dialogische Prinzip“
„Wo aber das Gespräch sich in seinem Wesen erfüllt, zwischen Partnern, die sich einander in Wahrheit zugewandt haben, sich rückhaltlos äußern und vom Scheinenwollen frei sind, vollzieht sich eine denkwürdige, nirgendwo sonst sich einstellende gemeinschaftliche Fruchtbarkeit.“
Der Dialog ist dabei keinesfalls als Methode zu verstehen, er ist vielmehr eine Haltung, die ganz spezifische kommunikative Kernfähigkeiten braucht.
Die dialogische Aufforderung „Sprich von Herzen und lass die Wurzeln dran“ ruft dazu auf das auszusprechen, was mir wirklich wichtig ist. Einfach und klar, ohne zu belehren, ohne sich selbst darzustellen oder rhetorisch zu brillieren. Die Wirkung, die ich als Sprecher haben möchte, sollte nicht stärker wiegen als das, was ich zu sagen habe. Das gelingt vor allem dann, wenn ich als Sprechender in Kontakt mit meinen eigenen Gefühlen und Anliegen bleibe.
In dialogischer Haltung übe ich mich zudem darin, dem anderen wirklich zuzuhören. Offen und konzentriert, eigene Bilder und Gedanken ausblendend und mit ganzer Aufmerksamkeit im Gespräch zu sein eröffnet die Chance, Neues entstehen zu lassen, in uns selbst und auch in der Gruppe.
Dabei ist es oftmals notwendig, die eigene Meinung zu suspendieren und in Schwebe zu halten, uns wirklich auf den Gesprächspartner einzulassen, indem wir unsere Annahmen zurückstellen und seine Perspektive einnehmen.
Dies erfordert eine Grundhaltung von großem Respekt dem Gesprächspartner gegenüber, indem wir uns hüten, den Gesprächspartner oder auch das von ihm Gesagte sofort zu beurteilen. Dieser Respekt wird auch dadurch spürbar, dass wir eine lernende Haltung einnehmen, indem wir die Meinung oder Ansichten des anderen mit Interesse und Offenheit erkunden. Respektiere ich meinen Gesprächspartner in seinen Denk- und Verhaltensweisen, dann habe ich eine gute Basis um mich auch auf neue und für mich vielleicht herausfordernde Sichtweisen ehrlich einlassen zu können.
Eine der wohl größten Herausforderungen dabei ist wohl die notwendige Entschleunigung im Gespräch. Geduldig zuhören, dem anderen Raum lassen und Zeit geben, abwarten, bis die eigenen Beiträge in Ruhe platziert werden können. Diese Verlangsamung im Dialog ist aber auch die zentralste Basis für wirkliches gegenseitiges Verstehen und bietet damit die größte Chance auf ein gemeinsames Ergebnis.
Dialogische Intelligenz, im Sinne der hier angesprochenen Kompetenzen, ist zweifellos ein hoher Anspruch, der vor allem eine umfassende persönliche Reflexionsfähigkeit der Gesprächsteilnehmer erfordert. Wir sollten lernen, Unterschiedlichkeit zu schätzen, Disharmonien auszuhalten und voll Neugierde und Offenheit unterschiedliche Sichtweisen gemeinsam erforschen.
Sind wir als Gesprächspartner bereit, zu klärende Themen mit offenem Geist aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten, dann werden wir Besprechungen, Projektsitzungen und andere Abstimmungen untereinander als fruchtbar, lebendig und zielführend erleben. Wenn die eigenen Gedanken, Wahrnehmungen und Vorstellungen im Vertrauen auf einen respektvollen Umgang und gegenseitiges Interesse eingebracht werden, dann werden Gedanken zu Ressourcen und wir haben eine deutlich erhöhte Chance, dass wir zu Lösungen kommen, die alleine nicht gedacht worden wären
Auf diesem Weg und in dieser Haltung kann es gelingen, die Denkpotenziale jedes einzelnen optimal zu integrieren und zu nutzen, womit wir eine wesentliche Basis für ein kraftvolles Wirken agiler Organisationen legen.
Um mehr dialogische Qualität in die Teamkommunikation einfließen zu lassen, können Sie als Führungskraft folgende Schritte gehen:
- Machen Sie den Dialog zum Thema und stellen Sie die zentralen Kernelemente vor.
- Besprechen Sie mit Ihrem Team, wie es gelingen kann, die dialogische Haltung in der Teamkommunikation zu manifestieren.
- Erstellen Sie gemeinsam ein paar zentrale Regeln für den Praxisalltag.
- Reflektieren Sie immer wieder gemeinsam, wie Sie auf dem Weg zu dialogischerer Kommunikation unterwegs sind und geben Sie sich gegenseitig Feedback dazu.
- Und nicht zuletzt – leben Sie die dialogische Haltung vor!