Anneliese Aschauer-Pischlöger, Psychologin, Organisationsberaterin und Coachin, mit den Schwerpunkten Organisationsentwicklung, Führungskräfteentwicklung sowie Gesunder Mensch in gesunden Organisationen, im Gespräch mit Klaus Theuretzbacher.
Was leitet dich in deiner Arbeit als Beraterin?
Ich habe ein tiefes Bedürfnis, Menschen und Systeme zu verstehen. Mich fasziniert, was Menschen und Teams wirklich unterstützt und wie ich dabei wirksam unterstützend sein kann. Ich sehe mich als Vertreterin radikaler Selbstverantwortung, stelle – auch über klinisch- und gesundheitspsychologische, tlw. traumatherapeutische Zugänge – immer wieder die Frage: Was kann der Mensch selbst tun, um sein Leben aktiv zu gestalten?
Ein konkretes Beispiel …?
In einem technischen Betrieb habe ich ein Team aus zehn Führungskräften, allesamt Männer, begleitet. Ein besonderes Highlight des zweitägigen Teamworkshops war eine intensive Feedbacksequenz. Jeder stand für circa eine Stunde im Mittelpunkt. Leitfragen fürs Feedback waren: Was zeichnet dich aus? Welcher Ruf eilt dir voraus? Wie wirst du gesehen? Womit tust du dir schwer? Also recht kräftige Fragen. Und auch: Was solltest du verändern?
Davor hatten wir ganz viel in Würdigung und Wertschätzung von Stärken und Personen investiert, dann konnte auch das Kritische gut genommen werden. Es kam zu großem Tiefgang, auch zu Emotionalität und sogar Schmerz, letztlich zum Einsehen. So kann „Heilung“ wie auch die Erkenntnis jedes Einzelnen möglich werden: Was ist mein Beitrag zum System, dass es so läuft, wie es läuft?
Was war der Nutzen, der Output aus dieser Sequenz?
Indem sie erstmalig in diese kritische Selbstreflexion gehen konnten, entwickelten sie zueinander eine ganz neue Offenheit. Danach konnten sie erst richtig gut an gemeinsamen Führungswerten arbeiten. Sie haben sich für ihren betrieblichen Alltag auch vorgenommen, sich einmal pro Monat 1,5 Stunden Zeit für Feedback zueinander zu gönnen.
Worin siehst du deine persönliche Handschrift?
Wie gesagt: das Prinzip der Selbstverantwortung. Kombiniert mit einem humorvollen Zugang. Und als ganz wichtiges Werkzeug die Achtsamkeit im Sinne einer entschleunigten Beobachtung und Selbstreflexion und eines Handelns nach der inneren Stimmigkeit.
Ein persönlicher Buchtipp …
„Ein wenig Leben“ von Hanya Yanagihara, ein intensiver, berührender Roman über Freundschaft, Liebe und Traumatisierung und darüber, wie Menschen immer wieder ihren Weg finden.
Worum geht’s im Leben?
Als Mensch zu wachsen und sich weiterzuentwickeln – das macht zufrieden. Die Liebe macht glücklich, letztlich geht es also um liebevolle Beziehungen und Herzensbegegnungen.