Alfred Wagner Stahl- Technik & Zuschnitt GmbH
Wenn ein Familienunternehmen an die dritte Generation übergeben wird und durch die Nachfolge in der Führung plötzlich eine Frau an der Spitze eines traditionell von Männern dominierten Unternehmen steht, tun sich spannende Fragen auf. Was ist die Führungsphilosophie von Christine Wagner? Das Gespräch mit der Geschäftsführerin der Alfred Wagner Stahl-Technik & Zuschnitt GmbH führte Klaus Theuretzbacher.
Klaus Theuretzbacher im Gespräch mit Christine Wagner
48 MitarbeiterInnen aus elf Nationen, ein Umsatz von circa 12 Mio. Euro und eine Produktionsfläche von rund 15.000 m² – das sind die Eckdaten des Familienunternehmens in Pasching, das sich auf den Zuschnitt von Blechen mit zusätzlichen Spezialleistungen in der Anarbeitung spezialisiert hat. Mussten nach der Wirtschaftskrise etliche Branchenkollegen aufgeben, mischt Wagner-Stahl fleißig mit und misst sich mit den Großen in der Branche.
„Das stört uns nicht, denn wir sind flexibler und wendiger als jeder Konzern. Darauf legen wir Wert. Rasch für den Kunden passende Lösungen zu entwickeln, auch für kleine Losgrößen und ganz knifflige Sonderanfragen“, darin sieht Christine Wagner die große Stärke ihres Betriebes, zusätzlich zur „sowohl technischen als auch personellen Top-Ausstattung“.
Plötzlich Chefin
Der Übergabeprozess Mitte 2011 kam selbst für die angehende Geschäftsführerin überraschend und spontan. Für lange Überlegungen blieb wenig Zeit. So stellte sie das Unternehmen kurzerhand auf den Kopf und hinterfragte ausnahmslos alles.
Es folgte eine turbulente Phase, die von hohem Tempo, großen Veränderungen und auch manchen Rückschlägen geprägt war. Ein Teil der Führungscrew konnte und wollte sich mit einer weiblichen Chefin nicht anfreunden, verließ das Unternehmen und wurde erfolgreich nachbesetzt.
Das Angebotsportfolio wurde erweitert und der Maschinenpark um über sechs Millionen Euro erneuert. Die Chancen für eine nachhaltige Konsolidierung wusste man gut zu nutzen.
Wichtig war und ist, dass der Vater alles mitträgt. „Er hat mir stets den Rücken gestärkt. Die Übergabe ist tatsächlich voll erfolgt, es gab ab dem ersten Tag keinerlei Einmischung in Entscheidungen, kein öffentliches Widersprechen oder Diskreditieren. Er ist täglich im Betrieb und teilt mir unter vier Augen seine Beobachtungen und sein ehrliches Feedback mit. Die Entscheidung und auch die Verantwortung bleiben jedoch bei mir.“
Auch die Familie ist stolz auf die Weiterentwicklung: „Die vorige Generation steht dazu, was die aktuelle gerade tut, und die nächste interessiert sich bereits dafür“, sagt die Geschäftsführerin.
Voller Enthusiasmus
Christine Wagner lebt ihre Aufgabe mit Leidenschaft. „Ich habe hier Beruf und Berufung gefunden und bin mit so viel Freude und Begeisterung bei der Arbeit.“
Wie erklärt sie sich diese Freude? Ihr ist überaus wichtig, nicht schauspielern zu müssen, sie selbst zu bleiben, „einfach zu 100 % Christine Wagner“ sein zu können. „Die Geschäftsführung ist wirklich meins: Die Fäden ziehen, alles zusammenhalten, organisieren und nach weiteren Verbesserungspotenzialen suchen, macht unglaublichen Spaß und meinen Job jeden Tag aufs Neue spannend.“
Die Kombination aus Selbstverwirklichung, Begeisterung und der großen Verantwortung für das Unternehmen birgt die Gefahr, sich zu viel aufzuladen. Christine Wagner bestätigt dies. Vor ein paar Jahren noch sei sie immer wieder in die Falle getappt, alles selbst schultern zu wollen. Und heute? „Ich habe ein tolles Team, dem ich vertraue und mit dessen Unterstützung ich jederzeit rechnen kann. Zwischenzeitlich kennt mich meine Mannschaft so gut und schreitet hilfreich ein, wenn es bei mir eng wird. Wenn man voller Enthusiasmus sieben Tage die Woche im Rad drinnen ist, überhört man leicht die körperlichen Warnsignale, aber ich arbeite an mir.“ Auch das wäre verantwortungsvolle Geschäftsführung, auf sich selbst zu schauen, meint sie.
Leadership – Orientierung am Menschen
Wie interpretiert Christine Wagner Leadership, wie ihre eigene Position?
„Zu meinen Lieblingsaufgaben zählen alle Themen, die direkt oder indirekt mit unseren Mitarbeitern in Verbindung stehen. Gesunde Arbeitsplätze, familienfreundliche Arbeitszeiten, modernste Arbeitsmittel, Verbesserung unserer Abläufe, Investitionen in die Zukunft unserer Mitarbeiter und unseres Unternehmens. Die Zufriedenheit und Begeisterung unserer Mitarbeiter für ihren Arbeitsplatz hat Einfluss darauf, wie es unserer Firma geht und wie wir von anderen wahrgenommen werden.“
Sie selbst verkörpert ihr eigenes Credo: „Ehrlich, authentisch und gerne mit Menschen zu arbeiten“ als wesentliche Voraussetzung für Führung.
Ausnahmslos alle MitarbeiterInnen sind aufgefordert sich aktiv in das Unternehmen einzubringen, ihre Ideen und Verbesserungsvorschläge vorzulegen und bei der Umsetzung mitzuarbeiten. Sie können, dürfen, sollen und wollen mitreden, denn es geht auch immer um ihren Job.
Unser Gespräch geht in die Zielgerade. „Eines möchte ich noch hervorheben“, sagt Christine Wagner, „die Einsatzbereitschaft und der Zusammenhalt unseres Teams sind enorm, und darauf bin ich unglaublich stolz!“