Maria Ertl fragt sich, wer eigentlich die Verantwortung dafür trägt, dass Unternehmenswerte mehr sind als nur ein schön gestaltetes Papier.
Die Haltung, mit der wir uns begegnen, die Qualität unserer Kommunikation, die Basis, auf der Entscheidungen getroffen werden, ja, letztendlich das grundsätzliche Verhalten der ein- zelnen Mitarbeitenden im Unternehmen berührt Wertethemen.
Wenn wir von Werten im immateriellen Sinne sprechen, dann schwingt hier zumeist eine Fülle an Bedeutungen mit, wie etwa Prinzipien, die uns Orientierung geben, Glaubenssätze, Überzeugungen, Haltungen und anderes mehr. Machen wir diese sichtbar, so geben wir als Unternehmen im Außen und auch im Innenverhältnis Orientierung über unser Selbstverständnis und auch darüber, worauf man bei uns sicher bauen kann. Werte sind somit bereits seit langer Zeit wichtige Bausteine der Unternehmenskultur und werden als solche zum zentralen Element für die Unternehmensmarke.
Wir finden die Unternehmenswerte daher Hand in Hand mit der Mission als Leitbild in zahlreichen Unternehmen, schön aufbereitet und dargestellt auf der Homepage oder auch prominent platziert an den Wänden. Reicht das? Ist die Identifikation unserer Mitarbeitenden damit nun in Stein gemeißelt? Ist damit bereits die zentrale Basis für die gewünschte Selbstverantwortung und Veränderungsbereitschaft im Unternehmen gelegt?
Werte entfalten sich im Handeln
Nein, das reicht nicht! Denn Werte zeigen sich durch die mit ihnen verbundenen Handlungsmaxime und entfalten ihre Wirkung damit erst im Handeln. Wir antworten ständig im Sinne unserer Werte auf die Fragen, die das Leben an uns stellt. Übernehme ich Verantwortung oder doch lieber nicht? Gehe ich neue Wege offen mit oder ist mein Sicherheitsbedürfnis stärker als die Innovationsfreude? Agiere ich eigeninitiativ oder bleibe ich beim Notwendigsten? Wir werden somit permanent bewusst und auch unbewusst vor Entscheidungen gestellt, und unsere Reaktionen und Antworten darauf sind gelebte Werte.
In diesem Bewusstsein wird klar, dass Werteentwicklung und -implementierung auf einer breiten Basis beruhen muss. Es braucht einen intensiven Prozess der Wahrnehmung und Bewusstmachung im gesamten Unternehmen, will man Kultur prägen oder verändern. Nur wenn Werte im täglichen Denken und Handeln jedes einzelnen Mitarbeitenden Ausdruck finden, werden diese auch spürbar und erlebbar. Der Schlüssel hierfür sind intensive Kommunikationsprozesse über gewünschte Soll-Bilder, denn es hat bereits Buddha drauf hingewiesen: „Das, worauf du deine Aufmerksamkeit richtest, das wächst.“
Ein konkreter Rahmen für die Entwicklung und Implementierung von Unternehmenswerten könnte zum Beispiel folgendermaßen aussehen:
Vorhandene Kultursplitter aufspüren
In einer Phase des Erkundens sollte im besten Fall ein hoher Beteiligungsgrad auf Mitarbeitenden- Ebene erreicht werden. Dies kann in Form von maximal durchmischten Kultur-Workshops, aber Ressourcen schonend auch durch eine interne Online-Befragung stattfinden. Ein sehr lebendiger und auch lustvoller Weg könnte ebenso sein, dass Mitarbeiter:innen des Unternehmens ihre Kolleg:innen interviewen und durch diese Gespräche anhand einer vorgegebenen Leitstruktur gemeinsam in die Kulturthematik eintauchen.
Im besten Fall sind nun viele Köpfe mit Werte-Überlegungen befasst und das Bewusstsein dafür ist gestärkt.
So werden einzelne Werte zu einem Spirit, der als gelebte Kultur in der täglichen Arbeit und damit auch in der Außenwirkung spürbar wird. Ein Spirit, der ermutig und legitimiert Verantwortung zu übernehmen: für sich selbst, für das eigene Team und fürs Unternehmen.
Zentrale Werte herauskristallisieren
Die durch diesen Erkundungsprozess gewonnenen Bilder und Erkenntnisse sind eine wertvolle Basis und fließen in die Phase der Wertedefinition mit ein. Dabei beschäftigt sich nun eine ausgewählte Wertegruppe – diese sollte bestenfalls einen Querschnitt aller Mitarbeitenden im Unternehmen repräsentieren – mit der definitiven Auswahl der Unternehmenswerte. Unterschiedliche Systemblickwinkel führen hier zur Festlegung jener Werte, die die gewünschten Haltungen Richtung Markt, Mitarbeiter:innen und Unternehmenserfolg am treffendsten ausdrücken.
Den Spirit verfestigen und spürbar machen
Der zweifellos wesentlichste Part folgt auch hier genau an dem Punkt, an dem man sozusagen vor dem vollendeten Werk steht – die Werte sind entwickelt und sichtbar gemacht. Nun gilt es, die Phase der Implementierung dieser Werte sehr ernst zu nehmen. Es sollten sämtliche Managementsysteme und zentralen Prozesse den Werteansprüchen angepasst werden.
Zudem muss sich nun jede:r einzelne Mitarbeiter:in damit befassen, wie diese Unternehmenswerte durch das eigene Tun und Handeln zum Leben erweckt werden können. Hierfür dienen interaktiv gestaltete Großveranstaltungen ebenso wie die Auseinandersetzung der Führungskräfte mit ihren Teams. Gemeinsam die Frage zu reflektieren „Durch welches Denken und Handeln machen wir in unserem Fachbereich unsere Werte wirklich erlebbar?“, bringt gleichzeitig auch den Zusatznutzen einer Team-stärkenden Maßnahme.
So werden einzelne Werte zu einem Spirit, der als gelebte Kultur in der täglichen Arbeit und damit auch in der Außenwirkung spürbar wird. Ein Spirit, der ermutig und legitimiert Verantwortung zu übernehmen: für sich selbst, für das eigene Team und fürs Unternehmen.