Ein leider typisches Beispiel für Old-School-Führungskräfte-Entwicklung
Eine Situation, wie sie wohl häufig im Unternehmensalltag vorkommt. Irgend etwas läuft schief. Egal ob hinsichtlich Abläufe, Zahlen, Kunden- und/oder Mitarbeiterzufriedenheit. Eine Lösung muss her und das möglichst rasch. Das Rezept klingt simpel und Erfolg versprechend: Reparieren wir doch erst mal die Führungskraft …
G., Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens, stellt fest, dass in einem der zentralen Bereiche der Wurm drin ist. Die Performance des Bereichs hat stark nachgelassen, die Stimmung im Haus ist angespannt, auch manche Kunden bekommen es bereits zu spüren. Rasch ist der Lösungsansatz bei der Hand: „Den Bereichsleiter B. schicken wir auf Schulung.“
Was ist da passiert? Wie kommt der Geschäftsführer zu seiner Schnelllösung? Mehrere fragwürdige Schlüsse wurden gezogen.
Einmal kräftig nachschulen, bitte!
Wie interpretiert G. den Anlass, eine Situation, die offenbar unter anderem (!) mit „Führung“ zu tun hat? Sein Befund lautet: es liegt am Bereichsleiter B., er hat die Situation verbockt. Was nicht in seiner Erklärung vorkommt: die Situation selbst, die organisationalen Rahmenbedingungen des Unternehmens. Kein Hinterfragen von Strategie, Logik, Struktur, Abläufe, Kompetenzen, Verantwortungen, etc. Ebenso wenig im Blickpunkt: die Unternehmenskultur. Welches Vertrauen, welchen Rückhalt erhalten B. und seine MitarbeiterInnen, wie wird mit Fehlern umgegangen, wie viel Platz haben Achtung und Wertschätzung?
Mit anderen Worten: B. braucht nur eine Nachschulung seiner Fähigkeiten, eine Auffrischung, ein 10.000 km-Service. Dann wird er wieder bestens funktionieren, so die simple – von einem durch und durch mechanistischen Menschenbild geprägte – Prognose des Geschäftsführers. Es geht also rein ums Können, bestenfalls noch ums Wollen, das Dürfen und damit alle organisationalen Aspekte werden konsequent ausgeblendet.
„Wenn dein einziges Werkzeug der Hammer ist, wirst du jedes Problem als Nagel betrachten“, soll Mark Twain gesagt haben. Unterstellen wir bei G. mal positive Absichten. Er traut es B. zu, die Situation wieder hinzukriegen. Jedoch – und das ist der zweite Haken – er macht sich keine Gedanken, was B. konkret braucht, wohin er sich konkret entwickelt, was er als Führungskraft konkret verbessern soll. Er soll eben „eine gute Führungskraft“ werden… Damit ist doch eh alles gesagt, oder?!
Ohne Ziel ist jeder Schuss ein Treffer
Bei dieser Unschärfe hinsichtlich der Lern- und Entwicklungsziele ist es folgerichtig auch völlig egal, wie man vorgeht. Also wählt man irgendein Format. „Wir haben da in unserem Bildungsprogramm eh was für schlechte Führungskräfte … Nehmen wir doch das Seminar X oder gleich den Lehrgang Y … Hauptsache, es geschieht möglichst rasch etwas.“ So oder ähnlich könnte der Auftrag des Geschäftsführers an B. bzw. an die Personalentwicklung lauten.
G. will Ergebnisse. So weit, so nachvollziehbar.Und er ist überzeugt, d ass B. dazu sein Verhalten, sein Führungshandeln anpassen soll. Auch das klingt – ergänzt um o.a. organisationale Aspekte – durchaus plausibel. Immerhin haben Führungskräfte mehr Möglichkeiten zu gestalten und auch dementsprechend mehr Verantwortung. Was G. bei der Beauftragung und damit der Auswahl eines passenden Lernformats außer Acht lässt: Die Ebenen darunter sind die entscheidenden. Bloßes antrainiertes Verhalten mag auf den ersten Blick bestechend sein. In punkto Wirksamkeit und Nachhaltigkeit kommt es allerdings nicht annähernd an eine authentische konstruktive innere Haltung heran, die den Handelnden in all seinem Tun leitet.
Sie fragen sich jetzt wahrscheinlich: Wenn nicht so, wie dann? Wie bringt man Führungskräfte da hin, wo man sie haben möchte? Kann man Führen lehren, trainieren, coachen? Wann bewähren sich welche Formen und Settings?
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